Siemensstadt, Berlin
Umnutzung des Dynamowerks

Deutschland ist gebaut, Bestand will genutzt werden. Insbesondere vor dem Hintergrund der gesteckten Klimaziele und mit Blick auf den Beschluss der Bundesregierung, 11,5 Milliarden Euro zur energetischen Sanierung von Bestandsgebäuden bereitzustellen, gilt es, das Potenzial bestehender Gebäude und insbesondere bestehender Areale zu nutzen. Genau diesen Ansatz verfolgt derzeit die Siemens AG in Berlin, die sich dazu entschieden hat, das rund 70 Hektar große historische Siemens-Gelände zu revitalisieren, um eine zukunftsorientierte Lebens- und Arbeitswelt zu entwickeln. Die so genannte „Siemensstadt“ stellt mit rund 600 Millionen Euro die größte Einzelinvestition in der Geschichte von Siemens in Berlin dar. Das Unternehmen legt darüber ein klares Bekenntnis zum Standort Berlin ab und setzt Maßstäbe in Sachen Nachhaltigkeit wie auch in der Gestaltung neuer Arbeits- und Lebenswelten. 

Wir erbringen für die Umnutzung des bestehenden Dynamowerks zu einem Forschungs- und Entwicklungszentrum die BIM-basierte Gesamtplanung. Rund 40 Expertinnen und Experten von pbr aus sechs Niederlassungen wirken an dem Bauvorhaben mit, bei dem es sich um die erste Baumaßnahme auf dem Siemens-Gelände handelt.

Das Bestandsgebäude stammt aus den 1960er Jahren und wurde als Versandhalle mit einer Grundfläche von rund 2.800 m2 errichtet. Bisher wurden in der Halle Produkte verpackt und dem Versand übergeben. Die Planung sieht vor, das Gebäude vollständig zu entkernen. Neben einer offenen und kommunikativen Bürowelt entstehen Flächen für Forschung und Entwicklung wie auch Laborzonen inklusive eines Reinraumbereichs. Besondere Herausforderungen in der Planung stellen die kurze Bauzeit sowie direkt angrenzende, unter Denkmalschutz stehende Nachbargebäude, die unterschiedlichen Nutzergruppen und das damit einhergehende Raumprogramm wie auch die Entwicklung eines möglichst flexiblen Grundrisses dar. Darauf abzustimmen ist auch die Planung der Technischen Gebäudeausrüstung. Das Gebäude wird außerdem auf Basis des LEED Platin Standards geplant.

Die bestehende Halle zeichnet sich mit ihren Abmessungen (70 x 40 m) durch eine enorme Tiefe aus. Die einzubringenden Labor- und Büroflächen müssen jedoch optimal belichtet werden. Aus diesem Grund sieht die Planung vor, das Gebäude einzuschneiden, um neue Fassadenflächen zu schaffen. Es entstehen ein nördlicher und ein südlicher Gebäuderiegel, in der Mitte der Halle eine neue Erschließungszone. Auf diese Weise werden neue Fassaden geschaffen und darüber eine optimale Belichtung aller Flächen gewährleistet. Ein Stahlbeton-Tragwerk, bestehend aus elf Achsen in Längsrichtung und drei Achsen in Querrichtung mit zwei unterschiedlichen Spannweiten, bildet das Grundgerüst der Halle. Die Konstruktion ist bis unter das Dach vollständig offen. Durch die behutsame Einbringung eines ergänzenden Tragwerks mit zusätzlichen Decken soll künftig eine Bruttogeschossfläche von rund 9.200 m2 zur Verfügung stehen. Durch die geschickte Lagedefinition und Integration zusätzlicher Treppenhäuser werden Effizienz und Funktionalität im Inneren erhöht. Die Gesamtplanung erfolgt BIM-basiert, so dass ein entsprechendes BIM-Modell zu jedem Zeitpunkt die aktuelle Planungsreife abbildet und nach der Inbetriebnahme im Rahmen des Facility Managements genutzt werden kann.

Bereits die Bestandsaufnahme erfolgte dreidimensional. Es wurden Punktwolken erstellt, die als Grundlagen für das Revit-Modell dienen. Aus diesem gehen bereits zu Beginn der Planung messbare Daten, wie Höhen und Tiefen des Gebäudes hervor. Zur Entwicklung des Raumprogramms wurden innere Funktionen und Betriebsabläufe wie auch Equipmentdaten der unterschiedlichen Nutzer:innen aufgenommen und in Beziehung zueinander gesetzt, so dass die Funktionsbereiche Labor mit schwingungsarmen Bereichen, Fertigung und Werkstatt u. a. mit Flächen für autonomes Fahren, Büro- und Dokumentation und nicht zuletzt Rückzugsorte, wie Loungebereiche sinnvoll in das Gebäude eingebracht werden können. Eine besondere Aufmerksamkeit wird dem Bürostandard „new normal“ zuteil, den Siemens beabsichtigt, umzusetzen. So wird es keine festen Arbeitsplätze mehr geben, sondern die Mitarbeitenden buchen sich ihren Arbeitsplatz täglich neu über eine eigens entwickelte App. Diese Tatsache bedeutet eine möglichst flexible Ausgestaltung der Büroflächen mit den unterschiedlichen Bereichen: Konzentriertes Arbeiten, Erholungsflächen, Kommunikations- und Interaktionsbereichen. Hinsichtlich der äußeren Erscheinung gilt es, eine in der Materialität und Gliederung zurückhaltende Gestaltung zu entwickeln, welche die Funktion darstellt ohne diese gänzlich offenzulegen. Hauptaugenmerk wird dabei auf die Längsfassaden gelegt, da sich auf der einen Giebelseite ein unter Denkmalschutz stehendes Bestandsgebäude anschließt, auf der anderen Giebelseite ein neues Hochhaus in geschlossener Bauweise ansetzen wird.

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